Signale aus der Sperrzone

 

Seit sich das künstlerisch besetzte Areal an der Senator-Braun-Allee in einen umgepflügten Acker verwandelt hat, liegt mein Arbeitsfokus auf dem Projektarchiv. Erstes sichtbares Resultat dieser Arbeit war die im öffentlichen Raum platzierte Installation Signale aus der Sperrzone. Direkt neben der weißen Lichtsäule auf dem Angoulêmeplatz ragte zwei Wochen lang die schwarze Hi2019-Flagge empor. Weithin sichtbar signalisierte sie den interventionistischen Charakter des Site-specific-Projekts. Während am Originalschauplatz neu errichtete Gebäude das zukünftige Gewerbegebiet bereits erahnen ließen, quartierte sich Hi2019 in symbolisch verknappter Form im Stadtzentrum ein.

Drei Bauzäune simulierten die zugleich reale wie symbolische Sperrzone. Wer sich auf den künstlerischen Blick einließ, assoziierte das Bauzaundreieck vielleicht mit dem Bermudadreieck & wollte jetzt genauer wissen, was hier vom Radar verschwunden war. Antworten gaben die bedruckten Banner, die an den zur Ausstellungsarchitektur umfunktionierten Industriezäunen befestigt waren. Jedes Banner reaktivierte die Sperrzone auf eine spezifische Weise. Es konnte sowohl einzeln als auch in Beziehung zu den beiden anderen erkundet werden. Die sich unterscheidenden Repräsentationen deuten die Vielzahl möglicher Darstellungen & Perspektiven auf Hi2019 an, deren Potenzial nur die fortzusetzende Arbeit am Archiv entfalten kann.

Dass dieses mehr als Fotografien umfasst, war über die temporäre Online-Aktion 24h-Fragment erfahrbar. Während der zweiwöchigen Laufzeit tauchte auf der Website jeden Tag ein neues Fragment aus dem Archiv auf – blieb aber für nur 24 Stunden sichtbar. Die Erweiterung der Ausstellungsfläche in den digitalen Raum ermöglichte zumindest das Integrieren von Videos. Objekte werden hingegen erst, wenn Innenräume wieder betretbar sind, gezeigt werden können.

Der Erfolg der Corona-resistenten Installation beruht nicht zuletzt auf ihrer zeitlichen & örtlichen Platzierung. Der Angoulêmeplatz war als Schauplatz kulturpolitischer Events mit Bürgerbeteiligung bereits etabliert. Im September 2020 organisierte etwa die KUFA das Festival Urban Places Reloaded. Das strategische Plus resultierte zudem aus der unmittelbaren Nachbarschaft zum Hi2025-Projektbüro, zum Bahnhof sowie der vom Kunstverein Hildesheim organisierten Ausstellung caring structures. Auch Fridays-for-Future-Aktivist*innen nutzten den Platz für Protestaktionen.z

Weitere Aufmerksamkeitssteigerung erfuhr Hi2019 durch den gewählten Zeitpunkt der Installation. Sie startete just in der Woche, da die Entscheidung zur Kulturhauptstadt 2025 verkündet wurde. Die konstruierte Opposition Hi2019 : Hi2025 war somit für die breite Öffentlichkeit leicht erkennbar. Hi2025 ist inzwischen Geschichte, Chemnitz wird Kulturhauptstadt. Und Hi2019? Das Projekt geht weiter, hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen zum nächsten Coup. Hi2019 wird sich ganz sicher einen Platz im kollektiven Gedächtnis erobern.